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Um zu verstehen, worum es in einem Strafverfahren geht, muss man auch die verschiedenen Verfahrensbeteiligten und ihre jeweilige Stellung im Strafverfahren kennen. Nach Beiträgen zu Strafverteidiger, Staatsanwalt, Richter bzw. Gericht, Dolmetscher und Sachverständige diesmal über Zeugen.

Allgemeines

Neben dem Sachverständigen, den Urkunden und dem Augenschein stellt der Zeuge eines der vier unmittelbaren Beweismittel der Strafprozessordnung dar. Dabei ist der Zeugenbeweis wohl das praktisch bedeutendste, zugleich aber unsicherste Beweismittel.

Pflichten des Zeugen

Grundsätzlich hat ein Zeuge im Wesentlichen folgende Pflichten:

Zeugen sind verpflichtet, einer Ladung zur Vernehmung Folge zu leisten. Dies gilt für Vernehmungen durch den Richter, den Staatsanwalt und – wenn dem ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt – auch durch die Polizei.

Zeugen müssen grundsätzlich aussagen und dabei die Wahrheit sagen. Dabei meint Wahrheit, dass das, was ausgesagt wahr sein muss, aber auch, dass alles von Relevanz vollständig ausgesagt werden muss, dass also nichts Wichtiges weggelassen wird.

Vereidigung

Bereits die uneidliche Falschaussage kann strafbar sein.

Hält das Gericht eine Aussage für ausschlaggebend oder hält es dies für die Erzielung einer wahren Aussage notwendig, so kann der nicht erwachsene Zeuge vereidigt werden. Meineid kann als Verbrechen mit Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr geahndet werden.

Recht zur Zeugnisverweigerung

Handelt es sich bei dem Zeugen um einen Angehörigen des Beschuldigten bzw. Angeklagten, so kann das Zeugnis verweigert werden. „Angehörige“ meint dabei den Ehegatten, den Verlobten und den Lebenspartner; außerdem die in gerader Linie verwandten oder verschwägerten sowie die in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandten oder bis zum zweiten Grad verschwägerten.

Es existieren noch weitere, besondere Zeugnisverweigerungsrechte, auf die ich hier aber nicht eingehen möchte – auch weil diejenigen, die es angeht, davon Kenntnis haben müssten.

Recht zur Auskunftsverweigerung

Darüber hinaus darf jeder Zeuge die Auskunft auf solche Fragen verweigern, die ihn oder einen Angehörigen der Gefahr aussetzen würden, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

Recht zur Aussageverweigerung

Vorgenanntes Auskunftsverweigerungsrecht kann nach ständiger Rechtsprechung sogar zu einem umfassenden Aussageverweigerungsrecht erstarken, wenn einzelne Auskünfte zwar jeweils für sich genommen unverfänglich sein könnten, aber als mosaikartig zusammengesetztes Beweisgebäude gleichwohl die Gefahr eines Tatverdacht begründen könnten.

Besondere Vernehmungsformen

Zum Schutz insbesondere des jungen Zeugen hat der Gesetzgeber in den letzten Jahren zunehmen besondere Vernehmungsformen geschaffen. Diese umfassen:

  • die Videoaufzeichnung und ihre Vorführung in der Hauptverhandlung;
  • die Abschirmung des Zeugen von den anderen Verfahrensbeteiligten, insbesondere dem Beschuldigten bzw. Angeklagten;
  • die Vernehmung in Abwesenheit des Angeklagten.

Zeugenbeistand

Die Anforderungen an vorgenannte besondere Vernehmungsformen sind hoch, ihre Voraussetzungen diffizil. Konsequenterweise kann sich jeder Zeuge eines anwaltlichen Zeugenbeistands bedienen. Unter gewissen Voraussetzungen ist dem Zeugen ein solcher Zeugenbeistand auf Staatskosten beizuordnen. Der Strafverteidiger, der auch als Zeugenbeistand tätig ist, wird eine solche Beiordnung bei Gericht beantragen.

Entschädigung des Zeugen

Der Zeuge wird nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz entschädigt.

Belehrung

Über die vorgenannten Rechte und Pflichten ist der Zeuge zu belehren.