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Damit, was ANOM ist, und mit der bisherigen, widersprüchlichen Rechtsprechung zur Frage der Verwertbarkeit von Daten aus ANOM-Chats hatte ich mich bereits hier befasst:

https://strafverteidiger-schlei.de/verwertbarkeit-anom-chats/

Seinerzeit fehlte es noch an einer Entscheidung des BGH.

Die Entscheidung des BGH

Jetzt aber hat der BGH sich positioniert (der Volltext der Entscheidung ist derzeit auf der Webseite des BGH noch nicht verfügbar):

https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2025/2025002.html

Im zugrundeliegenden Fall – Verbrechen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge – ist der BGH der Ansicht, dass die von den USA übermittelten Daten verwertbar sind.

Die wesentlichen Erwägungen des BGH

Der BGH nimmt an, die US-Behörden hätten die betreffenden Kryptomobiltelefone ausschließlich an Mitglieder krimineller Vereinigungen zur verschlüsselten Kommunikation veräußert.

Verfassungsgemäße Rechtsgrundlage für die Verwertung von Beweisen im Strafprozess sei allein § 261 StPO. Dies gelte auch für im Wege der Rechtshilfe erlangte Daten. Eine ausdrückliche Regelung, dass solche Beweise nur eingeschränkt verwendet werden dürfen, enthalte das deutsche Recht nicht.

Ob ein Beweisverwertungsverbot bestehe, richte sich ausschließlich nach deutschem Recht. Dabei spiele es keine Rolle, ob die deutschen Behörden hätten ebenso vorgehen dürfen wie die US-Behörden.

Für einen Verstoß gegen Menschenrechte sei jedenfalls nichts ersichtlich.

Und so vermag der BGH abschließend keine Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens erkennen.

Warum die Entscheidung des BGH falsch ist

Zu EnchroChat hatte der BGH noch entschieden, dass ein Beweisverwertungsverbot dann in Betracht komme, wenn der fremde Staat rechtsstaatliche Prinzipien in eklatanter Weise verletzt habe. Daher bedarf es der Erörterung, warum keine US-Bürger überwacht werden durften und warum der betreffende Server zwar zunächst in Australien betrieben, dann aber die Datenweitergabe an die USA und andere Drittstaaten verboten wurde.

Auch der bei EncroChat angenommene Grundsatz gegenseitigen Vertrauens sowie die (widerlegbare) Vermutung, dass andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union das Unionsrecht und insbesondere die Grundrechte einhalten, gilt hier nicht.

Unklar bleibt bereits, woher der BGH die Gewissheit haben will, die US-Behörden hätten die betreffenden Kryptomobiltelefone ausschließlich an Mitglieder krimineller Vereinigungen zur verschlüsselten Kommunikation veräußert.

Und auch die Verteidigungsrechte des Angeklagten sind so erheblich beschränkt, denn es kann ja nicht geklärt werden, ob es bei Beginn der Abhörmaßnahmen einen individualisierten Tatverdacht gegen die betroffene Person gab.

Insgesamt handelt es sich dann nicht nur nicht um ein faires Strafverfahren, vielmehr droht, dass künftig auch weitere (verdeckte) Ermittlungsmaßnahmen ausländischen Diensten überlassen werden – der Rechtsstaat nimmt so schweren Schaden.

Bedeutung für die Praxis der Strafverteidigung

In Fällen wie diesem bleibt nur die Verfassungsbeschwerde und ggf. der Gang zum EuGH.