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Am Ende meines jüngsten Beitrags zum Thema EncroChat hatte ich es bereits angedeutet:

Bei vielen Mandanten herrscht große Unkenntnis dazu, wie wenige Äußerungen in einem Chat den Gerichten genügen, um einen Handel mit Betäubungsmitteln (in nicht geringer Menge) zu bejahen und dementsprechend zu verurteilen. Die zutreffende Kenntnis ist aber unerlässlich, um die richtige Verteidigungsstrategie zu wählen. Andernfalls drohen langjährigste Freiheitsstrafen, wie in jüngster Zeit zunehmend zu beobachten – und nein, nicht nur in Bayern.

Chat ist Beweis

Erlangen die Ermittlungsbehörden Kenntnis von einem Chat (z. B. WhatsApp-Nachrichten), in dem es um den Handel mit Betäubungsmitteln geht, führt das regelmäßig zur Durchsuchung. Typischerweise erlangen die Ermittlungsbehörden durch die Auswertung sichergestellter Mobiltelefone Kenntnis von solchen Chats – und sei es als bloße Zufallsfunde, was einer Verwertbarkeit aber regelmäßig nicht entgegensteht. Aber auch etwa eine Online-Durchsuchung ermöglicht den heimlichen Zugriff auf sämtliche IT-Systeme und die auf ihnen gespeicherten Inhalte.

Und bereits der bloße Chat ist nicht etwa lediglich Indiz, sondern voller Beweis, der durch Verlesung der entsprechenden Urkunde in die Hauptverhandlung eingeführt wird.

Codewörter sind sinnlos

Codewörter, Tarnbegriff, Wendungen: Formulierungen, die verschleiern sollen, dass es um ein BtM-Geschäft geht, sind den Ermittlungsbehörden sämtlich bekannt. Listen mit szenetypischen Abkürzungen und Codes sind mittlerweile sogar frei im Internet verfügbar. Es ist also völlig sinnlos darauf zu hoffen, dass derlei vor Strafe schützt.

Vorverlagerung der Strafbarkeit

Vor allem aber ist es die durch die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung etablierte Vorverlagerung der Strafbarkeit, die Probleme bereitet:

Bereits die ernsthafte Anfrage oder das ernsthafte Angebot einer bestimmten Qualität und Menge reicht für eine Verurteilung wegen Versuchs. Es kommt insofern nicht darauf an, dass eine Vereinbarung getroffen wird. Erst recht kommt es nicht darauf an, dass das Geschäft tatsächlich erfolgt ist. Auch dass der Käufer erst einmal ein Probe der Ware testen will, schützt also nicht vor Strafe – selbst dann nicht, wenn er danach vom Geschäft Abstand nimmt.

Bedeutung für die Verteidigungspraxis

Umso wichtiger ist es also für den Mandanten, einen Verteidiger an seiner Seite zu haben, der ihm das Vorstehende ausführlich erläutert und alle Fragen dazu geduldig beantwortet. Erst dann kann man ein realistisches Verteidigungsziel bestimmen und die richtige Verteidigungsstrategie festlegen.

Hier finden Sie meine anderen Beiträge zum Betäubungsmittelstrafrecht:

https://strafverteidiger-schlei.de/category/betaeubungsmittel/