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Auf welch unterschiedlichen Wegen die Regelungen eines Compliance Management Systems (CMS) arbeitsrechtlich verbindlich werden können, hatte ich bereits hier dargestellt. Dabei hatte ich auch geschrieben, dass der Betriebsrat – auch wenn der Arbeitgeber nicht den Weg einer Betriebsvereinbarung wählt – mit wesentlichen Aspekten der Einführung eines CMS in jedem Fall zu befassen ist. Das möchte ich nun näher erläutern:

1. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats

Entscheidend kommt es auf die Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats an. Denn fehlt die notwendige Zustimmung des Betriebsrats, so ist die Compliance-Maßnahme unwirksam. Zentrale Norm ist insofern § 87 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Dessen Absatz 1 lautet unter anderem:

„(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;

6. Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;

…“

§ 87 BetrVG regelt also zwei hier relevante Fallgruppen:

a) Zum einen unterliegt es der Mitbestimmung des Betriebsrats, wenn der Arbeitgeber Regelungen zur Betriebsordnung trifft, soweit diese nicht schlicht gesetzliche Regelungen wiederholen. Die Abgrenzung, die vorzunehmen ist, ist die zum Direktionsrecht (Weisungsrecht) des Arbeitgebers. Dieses ist mitbestimmungsfrei und betrifft die nähere Ausgestaltung der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung des einzelnen Arbeitnehmers. Regelungen zur Betriebsordnung hingegen legen das Verhalten aller Arbeitnehmer des Betriebs fest im Hinblick auf zum Beispiel den Zugang zum Betrieb, die Nutzung betriebseigener Einrichtungen wie etwa Parkplätzen oder Teeküchen, (private) Nutzung von Telefon und Internet, Alkoholverbot etc.

b) Zum anderen unterfällt bereits die Einführung technischer Überwachungseinrichtungen der betrieblichen Mitbestimmung, wenn diese zur Verhaltensüberwachung der Arbeitnehmer lediglich geeignet sind. Anders als der Wortlaut nahelegt, kommt es nicht darauf an, dass derlei Einrichtungen zur Überwachung bestimmt sind. Auch der technische Laie kann sich vorstellen, dass die Problematik auf nahezu jedes IT-System und dessen Änderung zutrifft, da regelmäßig Daten erfasst und dokumentiert werden, die Rückschlüsse auf das Nutzerverhalten ermöglichen.

2. Unterrichtungs- und Beratungsrechte des Betriebsrats

Aber auch soweit zu Compliance-Themen eine Mitbestimmung des Betriebsrats nicht notwendig sein sollte, erscheint es ratsam, diesen einzubinden – und zwar frühzeitig. Zentrale Norm ist insofern § 90 BetrVG:

„(1) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Planung

3. von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen oder

rechtzeitig unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten.

(2) Der Arbeitgeber hat mit dem Betriebsrat die vorgesehenen Maßnahmen und ihre Auswirkungen auf die Arbeitnehmer, insbesondere auf die Art ihrer Arbeit sowie die sich daraus ergebenden Anforderungen an die Arbeitnehmer so rechtzeitig zu beraten, dass Vorschläge und Bedenken des Betriebsrats bei der Planung berücksichtigt werden können. …“

3. Umsetzung, Kontrolle und Durchführung des CMS

Darüber hinaus ist der Betriebsrat gegebenenfalls auch bei der Umsetzung, Kontrolle und Durchführung des CMS einzubinden, was hier jedoch zunächst nicht vertieft werden soll.

Dazu, welche Regelungen im Einzelnen dem Unterrichtungs- und Beratungsrecht des Betriebsrats unterfallen oder gar seiner Mitbestimmung bedürfen, berate ich Sie gerne – wie auch zu allen weiteren Aspekten eines CMS. Da dabei der Aspekt der sogenannten Criminal Compliance erfahrungsgemäß oft zu kurz kommt – schon weil häufig die strafrechtliche Expertise des Beraters fehlt -, lege ich darauf mein besonderes Augenmerk.