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Heute mal was zum Jugendstrafrecht:

Oft heißt es: „Strafbar kann sich machen, wer 14 Jahre alt oder älter ist.“ Und so ganz falsch ist das auch nicht. Aber wie so oft, wenn Juristerei im Spiel ist, lohnt ein näherer Blick – zunächst ins Gesetz.

Strafmündigkeit

Grundlegend ist insofern § 19 des Strafgesetzbuches (StGB). Danach ist schuldunfähig, wer zur Tatzeit das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Dabei handelt es sich um eine unwiderlegbare gesetzliche Vermutung. Da das deutsche Strafrecht für eine Strafbarkeit zwingend schuldhaftes Handeln fordert, bleibt jegliches Handeln von Personen unter 14 Jahren somit straflos. Ein Strafverfahren darf gegen sie nicht durchgeführt werden (in der Praxis ist gleichwohl durchaus schon einmal der Staatsanwalt gefordert, den Fortgang des Verfahrens zu stoppen).

Verantwortungsreife (Entwicklungsreife)

Ist jemand 14 Jahre alt oder älter, aber noch nicht achtzehn, dann ist er Jugendlicher und die besonderen Bestimmungen des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) finden Anwendung.

Danach gilt: Auch wenn jemand Jugendlicher ist, ist sein Handeln nicht automatisch strafbar. Vielmehr bestimmt das JGG in § 3, dass ein Jugendlicher dann (und nur dann) strafrechtlich verantwortlich ist, „wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.“

1. Einsichtsfähigkeit

§ 3 JGG verlangt also zunächst, dass der Jugendliche nach seiner sittlichen und geistigen Reife das Unrecht der Tat überhaupt erkennen konnte. Diese sogenannte Einsichtsfähigkeit erfordert das Vermögen, zwischen Recht und Unrecht sowohl intellektuell als auch gefühlsmäßig unterscheiden zu können. Nicht erforderlich ist die Kenntnis des genauen Straftatbestands und seiner (unbestimmten) Rechtsbegriffe. Ausreichend ist vielmehr, dass der Täter sein Handeln (oder Unterlassen) als verboten einschätzt.

2. Handlungsfähigkeit

Und dann verlangt § 3 JGG noch, dass der Jugendliche bei gegebener Einsichtsfähigkeit auch in der Lage ist, sich dementsprechend zu verhalten – sogenannte Handlungsfähigkeit. Diese folgt nicht zwangsläufig aus der Einsichtsfähigkeit, muss vielmehr vom Gericht gesondert festgestellt werden – wie überhaupt die Verantwortungsreife insgesamt.

Teilbarkeit der Verantwortungsreife

Wichtig ist noch der Hinweis, dass es keine allumfassende, einmalig festgestellte und dann für immer geltende Verantwortungsreife gibt. Vielmehr ist diese (oder ihr Fehlen) für jeden Tatbestand gesondert zu erörtern und festzustellen. So dürfte auch einem jüngeren Täter klar sein, dass z. B. eine Körperverletzung verboten ist. Die Strafbarkeit z. B. eines Computerbetrugs hingegen erschließt sich vielleicht eher in fortgeschrittenerem Alter. Daher spricht man von einer „Teilbarkeit der Verantwortungsreife“.